Blutzucker: Werte einfach erklärt
Nephrologin
Den Blutzucker zu kennen, ist vor allem für Menschen mit Diabetes wichtig. Doch auch immer mehr Menschen ohne Diabetes interessieren sich für ihren Blutzuckerspiegel und dessen Einfluss auf die Gesundheit. Was bedeuten Blutzuckerwerte und ab wann besteht ein Verdacht auf Diabetes?
Was ist der Blutzucker?
Der Blutzucker gibt an, wie viel Glukose sich im Blut befindet. Glukose ist ein Einfachzucker und dient dem Körper als wichtige Energiequelle. Über die Nahrung nimmt der Mensch Kohlenhydrate auf, die aus Einfach- und Mehrfachzuckern bestehen. Während der Verdauung werden diese in ihre Bausteine zerlegt. Der Einfachzucker Glukose gelangt dann über den Magen-Darm-Trakt ins Blut.
Schwankungen des Blutzuckerspiegels im Tagesverlauf sind völlig normal. Morgens nach dem Aufstehen liegt der Blutzucker im niedrigsten Bereich. Nach einer Mahlzeit steigt der Blutzucker an, da neue Glukose ins Blut gelangt. Wie schnell und wie stark er ansteigt, hängt von der Zusammensetzung der Mahlzeiten ab.
Blutzucker und Zuckerstoffwechsel
Das Hormon Insulin sorgt dafür, dass Glukose aus dem Blut in die Zellen aufgenommen wird, wo es als Energie dient. Insulin wirkt wie ein Schlüssel, der die Zellwände öffnet und den Zucker in die Zellen schleust. Ist jedoch zu wenig oder gar kein Insulin vorhanden, bleibt die Glukose im Blut und der Blutzuckerspiegel steigt an. Dies kann beispielsweise durch die Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus verursacht werden.
Neben Insulin wirkt auch das Hormon Glukagon im Zuckerstoffwechsel mit. Der Körper schüttet es bei niedrigem Blutzucker aus und setzt damit gespeicherte Glukose (Glykogen) aus der Leber frei. Das passiert in längeren Phasen ohne Nahrungsaufnahme, um dem Körper weiterhin Energie zu liefern.
Was sind Blutzuckerwerte?
Bei einer Routineuntersuchung wird in der Regel der aktuelle Blutzuckerwert (Kurzzeitwert) bestimmt. Dazu zählen:
- Nüchternblutzucker: Wird nach mindestens 8 Stunden ohne Nahrungsaufnahme gemessen und zeigt den Basiswert des Blutzuckers.
- Postprandialer Blutzucker: Wird etwa 1 bis 2 Stunden nach einer Mahlzeit bestimmt und zeigt, wie stark der Blutzucker nach dem Essen ansteigt.
- Gelegenheitsblutzucker: Wird unabhängig von der Nahrungsaufnahme zu einem beliebigen Zeitpunkt des Tages gemessen. Ein Wert von ≥ 200 mg/dl (≥ 11,1 mmol/l) kann in Verbindung mit typischen Symptomen auf Diabetes hinweisen.
- Oraler Glukosetoleranztest (oGTT, 2-h-Wert): Misst den Blutzucker 2 Stunden nach der Einnahme einer definierten Glukosemenge. Er dient dazu, eine gestörte Glukosetoleranz oder Diabetes frühzeitig zu erkennen.
Kurzzeitwerte schwanken im Laufe des Tages durch die Nahrungsaufnahme. Menschen mit Diabetes können anhand dieser Werte beurteilen, ob eine Über- oder Unterzuckerung droht.
Der wichtigste Langzeitwert ist der HbA1c-Wert (glykosyliertes Hämoglobin). Er zeigt den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der letzten 2 bis 3 Monate an und ist ein zentraler Indikator für die Langzeit-Blutzuckereinstellung bei Menschen mit Diabetes. Der HbA1c-Wert gibt an, wie viel des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) sich mit Glukose verbunden hat. Je höher der Blutzuckerspiegel über einen längeren Zeitraum ist, desto mehr Hämoglobin wird glykosyliert – und desto höher ist der HbA1c-Wert.
Dieser Wert wird häufig zur Diagnose, Therapieüberwachung und Behandlungsanpassung bei Diabetes genutzt, da er unabhängig von kurzfristigen Schwankungen einen verlässlichen Überblick über die Blutzuckereinstellung gibt.
Welche Blutzuckerwerte sind normal?
Da der Blutzucker den Tag über schwankt, gibt es Referenzbereiche, innerhalb derer sich der Blutzucker befinden sollte. Außerdem kann der Blutzucker in zwei verschiedenen Einheiten angegeben werden. Daher ist es wichtig, die Einheit des verwendeten Messgeräts zu beachten.
Blutzuckerwerte werden mit diesen Einheiten gemessen:
- Milligramm pro Deziliter, abgekürzt ist das mg/dl
- Millimol pro Liter, angezeigt als mmol/l
Diagnose von Diabetes Typ 2
Um Diabetes zu diagnostizieren, werden folgende Blutwerte gemessen:
- Nüchternblutzucker
- Gelegenheitsblutzucker
- HbA1c (Blutzucker-Langzeitwert)
- Oraler Glukosetoleranztest (oGTT, 2-h-Wert)
Nach den aktuellen medizinischen Leitlinien gilt ein Diabetes mellitus Typ 2 als bestätigt, wenn mindestens zwei der folgenden drei Werte erhöht sind:
HbA1c: > 6,5 %
Nüchternblutzucker: > 126 mg/dl
oGTT (2-h-Wert): > 200 mg/dl
Wie kommt es zu hohen Blutzuckerwerten?
Der häufigste Grund für dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte ist Diabetes mellitus, auch Zuckerkrankheit. Bei dieser Stoffwechselerkrankung ist der Zuckerstoffwechsel gestört. Entweder produziert die Bauchspeicheldrüse zu wenig oder gar kein Insulin oder die Zellen reagieren nicht mehr ausreichend auf das Hormon. Dadurch kann die Glukose nicht richtig in die Zellen aufgenommen werden und bleibt im Blut, wodurch der Blutzuckerspiegel steigt.
Diabetes mellitus ist ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen, die mit chronisch erhöhten Blutzuckerwerten einhergehen. Am häufigsten treten Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ 2 auf. Daneben gibt es seltene Formen oder genetisch bedingte Diabetesformen.
Typ-1-Diabetes
Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunkrankheit, bei der die Bauchspeicheldrüse kein oder nur sehr wenig Insulin produziert. Betroffene müssen ihren Glukosespiegel mehrfach täglich kontrollieren und Insulin spritzen oder eine Insulinpumpe tragen, die kontinuierlich Insulin abgibt. Die Erkrankung wird meist im Kindes- oder Jugendalter diagnostiziert.
Typ-2-Diabetes
Etwa 90 % der Menschen mit Diabetes haben Typ-2-Diabetes. Früher als „Altersdiabetes” bekannt, sind heute zunehmend auch jüngere Erwachsene und Kinder davon betroffen. Bei diesem Typ ist die Insulinwirkung eingeschränkt. Die Bauchspeicheldrüse produziert zwar Insulin, doch die Zellen reagieren nicht mehr ausreichend auf das Insulin – das nennt sich Insulinresistenz. Übergewicht, Bewegungsmangel und eine ungesunde Ernährung erhöhen das Risiko für die Entstehung von Diabetes Typ 2.
Andere seltene Formen von Diabetes
Neben Diabetes Typ 1 und 2 gibt es noch weitere Ursachen für einen erhöhten Blutzucker:
- Medikamente - z.B. Kortison oder Transplantationsmedikamente
- Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse – wie eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) oder die operative Entfernung der gesamten oder großer Teile der Bauchspeicheldrüse
- Genetische Erkrankungen – z. B. MODY, Wolfram-Syndrom
- Seltene Hormonstörungen – z. B. durch Tumore im Nebennierenmark oder der Hirnanhangsdrüse
Was sind Symptome von zu hohem Blutzucker?
Die Symptome eines erhöhten Blutzuckers (Hyperglykämie) unterscheiden sich je nach Diabetes-Typ. Bei Typ-1-Diabetes sind die Symptome deutlich ausgeprägter. Dazu zählen unter anderem:
- starkes Durstgefühl
- Müdigkeit
- häufiges Wasserlassen
- Antriebsschwäche
- Übelkeit
Typ-2-Diabetes entwickelt sich oft schleichend über Jahre, sodass Betroffene keine spezifischen Symptome wahrnehmen. Mögliche Anzeichen können sein:
- Anhaltende Müdigkeit und Leistungsschwäche
- Häufige Infektionen (z. B. Harnwegsinfekte, Pilzinfektionen)
- Trockene, juckende Haut
- Sehstörungen
Was sind Symptome von zu niedrigem Blutzucker?
Ein zu niedriger Blutzucker (Hypoglykämie) tritt vor allem bei Menschen mit Diabetes Typ 1 auf. Sinkt der Blutzuckerspiegel zu stark, wird der Körper nicht mehr ausreichend mit Energie versorgt. Typische Symptome eines zu niedrigen Blutzuckers sind:
- Zittern
- Kalter Schweiß
- Herzrasen
- Heißhunger
- Unruhe oder Reizbarkeit
- Konzentrationsschwierigkeiten
In schweren Fällen kann es zu Verwirrtheit, Krampfanfällen oder Bewusstlosigkeit kommen. Deshalb muss bei ersten Anzeichen mit der Aufnahme schnell verfügbarer Kohlenhydrate gegengesteuert werden.
Durch die fortschreitende Medizin sind schwere Unterzuckerungen heute seltener geworden. Dennoch gilt: Wird eine Person mit Typ-1-Diabetes bewusstlos und kann keine schnell verfügbaren Kohlenhydrate mehr selbst aufnehmen, muss umgehend der Notarzt verständigt werden. Falls verfügbar, sollte eine Glukagon-Notfallspritze (aus dem Kühlschrank) oder Glukagon-Nasenpulver verabreicht werden.
Nephrologin
Dr. Anh-Thu Hentschel ist Fachärztin im Nephrologicum Lausitz, zuvor war sie im Carl-Thiem-Klinikum Cottbus tätig. Ihre Schwerpunkte sind Peritonealdialyse und Ernährung in der ambulanten Versorgung. Als medizinische Beraterin unterstützt sie Oska dabei, Menschen mit chronischen Erkrankungen individuell zu begleiten.