Die „Abnehmspritze” – was bringt sie wirklich?
Diabetologie, Nephrologie
Die „Abnehmspritze” gilt aktuell als vielversprechender Ansatz zur Behandlung von starkem Übergewicht. Bekannt wurde der Wirkstoff durch Medikamente wie Ozempic® oder Wegovy®. Doch für wen ist die „Abnehmspritze“ tatsächlich geeignet – und warum bleiben eine gesunde Ernährung und Bewegung trotzdem unverzichtbar?
Ozempic, Victoza und Co.: Behandlung von Diabetes Typ 2
In den letzten Jahren haben sich Präparate wie Ozempic® einen Namen beim Thema Gewichtsreduktion gemacht. Ursprünglich wurden die Arzneimittel aber für die Behandlung von Diabetes Typ 2 entwickelt. Präparate mit den Wirkstoffen Semaglutid (bekannt aus Ozempic® und Wegovy®), Liraglutid (Victoza®, Saxenda®), Dulaglutid (Trulicity ®) oder Tirzepatid (Mounjaro®) basieren alle auf einem ähnlichen Wirkprinzip. Als Wirkstoff enthalten sie synthetische Proteine, die die Wirkung körpereigener Hormone, die der Körper nach dem Essen im Darm freisetzt, nachahmen.
Die Wirkstoffe…
- regen die Insulinfreisetzung an
- hemmen die Glukagon-Ausschüttung,
- verlangsamen die Magenentleerung,
- und fördern das Sättigungsgefühl im Gehirn.
Mit dieser Wirkung helfen die Medikamente, erhöhte Blutzuckerwerte zu senken. Sie kommen meist dann zum Einsatz, wenn Lebensstilveränderungen wie eine Ernährungsumstellung und mehr Bewegung allein nicht ausreichen. Häufig werden sie ergänzend zu anderen blutzuckersenkenden Mitteln wie Metformin verabreicht. Wenn Metformin nicht vertragen wird oder nicht infrage kommt, können sie auch allein angewendet werden.
Wie werden Ozempic, Victoza und ähnliche Medikamente eingenommen?
Die Wirkstoffe werden als Injektion unter die Haut verabreicht – typischerweise am Bauch, an den Oberschenkeln oder Oberarmen. Je nach Präparat erfolgt die Anwendung entweder täglich oder einmal pro Woche.
Wie aus dem Diabetes-Medikament die „Abnehmspritze” wurde
Durch ihre Wirkung haben Semaglutid, Liraglutid und Tirzepatid nicht nur einen positiven Effekt auf den Blutzuckerspiegel, sondern auch auf das Körpergewicht. Viele Patient:innen nehmen während der Behandlung deutlich ab. Dieser Effekt rückte zunehmend in den Fokus und so wurden einige dieser Medikamente gezielt für die Behandlung von Adipositas weiterentwickelt und neu zugelassen.
Für den Einsatz zur Gewichtsreduktion werden die Wirkstoffe unter einem anderen Namen und meist in höherer Dosierung angeboten. So enthält auch Ozempic®, das ursprünglich für Typ-2-Diabetes entwickelt wurde, den Wirkstoff Semaglutid – genau wie Wegovy®, das jedoch speziell zur Adipositas-Therapie zugelassen ist.
Beispiele:
- Semaglutid (z. B. als Wegovy®): 1× wöchentlich gespritzt
- Liraglutid (z. B. als Saxenda®): täglich gespritzt
Tirzepatid (z. B. als Mounjaro®) wird in Deutschland derzeit nur für Typ-2-Diabetes beworben. In anderen Ländern wie den USA wird es auch zur Gewichtsreduktion eingesetzt.
Wer bekommt die „Abnehmspritze”?
Durch die sozialen Medien wurde das Interesse an der „Abnehmspritze” enorm groß. Bilder von Prominenten und Erfahrungsberichte im Netz wecken oft den Eindruck, dass das Abnehmen damit mühelos funktioniert. Doch in der medizinischen Praxis sieht das anders aus.
Wegovy® und vergleichbare Präparate sind nicht zur allgemeinen Gewichtsabnahme gedacht. Sie sind nicht frei verkäuflich, sie werden nur dann von Ärzt:innen verschrieben, wenn bestimmte medizinische Voraussetzungen erfüllt sind – zum Beispiel:
- ein Body-Mass-Index (BMI) von 30 oder höher (Adipositas),
- oder ein BMI ab 27, wenn gleichzeitig Begleiterkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen vorliegen.
Die Entscheidung über den Einsatz trifft immer die Ärztin oder der Arzt, denn die Medikamente können Wechselwirkungen haben oder bei bestimmten Vorerkrankungen nicht geeignet sein. Zudem braucht es eine ärztliche Begleitung, um Nebenwirkungen rechtzeitig zu erkennen und die Behandlung sinnvoll zu begleiten.
Welche Nebenwirkungen hat die „Abnehmspritze”?
Wie bei jedem Medikament kann es auch bei Semaglutid, Liraglutid und Tirzepatid zu Nebenwirkungen kommen. Häufig treten zu Beginn der Behandlung Magen-Darm-Beschwerden wie Völlegefühl, Übelkeit, Verstopfungen oder Durchfall auf.
Außerdem kann es zu einem starken Verlust an Muskelmasse (Sarkopenie) bei einer schnellen Gewichtsabnahme kommen. Dies passiert vor allem, wenn parallel zur Einnahme der „Abnehmspritze” nicht auf eine eiweißreiche Ernährung und Sport geachtet wird.
In Studien gab es außerdem Hinweise auf seltene, aber mögliche Risiken wie Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, Gallenprobleme oder Magenlähmung. Auch depressive Verstimmungen wurden gemeldet – ein wissenschaftlich gesicherter Zusammenhang besteht bisher jedoch nicht.
Langfristiger Abnehmerfolg nur mit Lebensstil Veränderungen
Medikamente wie Wegovy® können das Abnehmen bei starkem Übergewicht erleichtern, wenn bisherige Versuche ohne Erfolg waren. Aber auch die beste „Abnehmspritze“ wirkt nicht dauerhaft, wenn sich im Alltag nichts ändert.
Denn sobald die Behandlung endet und die Wirkstoffe nicht mehr wirken, nehmen viele wieder zu. Entscheidend ist also, die Zeit mit dem Medikament zu nutzen, um neue Gewohnheiten aufzubauen:
- eine ausgewogene Ernährung
- mehr Bewegung
- ein besseres Gefühl für Hunger und Sättigung.
Das Medikament kann den Einstieg erleichtern, aber es ersetzt keine Veränderung des Lebensstils.
Was kostet die „Abnehmspritze” und wer übernimmt die Kosten?
Die Behandlung mit Wirkstoffen wie Semaglutid oder Liraglutid ist kostenintensiv. Je nach Präparat und Dosierung können die Kosten bei mehreren hundert Euro pro Monat liegen. Für Menschen mit Adipositas werden sie aktuell nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen, auch wenn medizinische Gründe vorliegen.
Anders sieht es bei Typ-2-Diabetes aus: Wird das Medikament zur Blutzuckersenkung verschrieben (z. B. Ozempic®), kann die Behandlung über die Kasse abgerechnet werden – aber nur, wenn es medizinisch notwendig ist.
Fazit: Die „Abnehmspritze” ist kein Wundermittel, aber eine mögliche Unterstützung
Medikamente mit Wirkstoffen wie Semaglutid oder Liraglutid können sowohl bei Diabetes Typ 2 als auch bei starkem Übergewicht hilfreich sein, wenn Lebensstilveränderungen nicht ausreichen. Die „Abnehmspritze” ist aber kein Ersatz für gesunde Ernährung und Bewegung. Wer langfristig Erfolge erzielen möchte, braucht mehr als ein Medikament – nämlich die Bereitschaft, das eigene Verhalten Schritt für Schritt umzustellen.
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Quellen
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG): „Medikamentöse Therapie des Typ-2-Diabetes“.
https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de
Aufgerufen am 28.05.2025.
Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG): „Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas“.
https://www.adipositas-gesellschaft.de
Aufgerufen am 28.05.2025.
AWMF-Leitlinie Nr. 050-001: „Adipositas – Prävention, Diagnostik und Therapie“.
https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/050-001.html
Aufgerufen am 28.05.2025.
Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA): Fachinformationen zu Wegovy®, Ozempic® und Saxenda®.
Aufgerufen am 28.05.2025.
Apotheken Umschau: „Abnehmen mit Medikamenten – was bringt die Abnehmspritze?“
https://www.apotheken-umschau.de
Aufgerufen am 28.05.2025.
Diabetologie, Nephrologie
Dr. med Daniela Rose ist Fachärztin für Innere Medizin, Nephrologie, Endokrinologie und Diabetologie. Sie hat mehr als 20 Jahre klinische Erfahrung, unter anderem in langjähriger Tätigkeit in der V. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim, zuletzt als Oberärztin. Zur Zeit arbeitet sie im Team bei NEDD*Grünstadt, einer nephrologischen Praxis und diabetologischen Schwerpunktpraxis.