Langsamer Stoffwechsel: Gibt es das?
Nephrologin, Nephrologicum Lausitz
Der Begriff Stoffwechsel taucht oft auf, wenn es um Ernährung, Gewicht oder Gesundheit geht. Aber was steckt eigentlich dahinter? Kann ein Stoffwechsel überhaupt langsam oder schnell sein? Die Antworten und alle weiteren wichtigen Informationen rund um das Thema erhalten Sie hier.
Was ist eigentlich der Stoffwechsel?
Ganz einfach: Der Stoffwechsel, auch Metabolismus genannt, umfasst alle biochemischen Vorgänge im Körper, bei denen Stoffe aufgenommen, umgewandelt, transportiert, gespeichert oder ausgeschieden werden.
Er sorgt dafür, dass:
- Nährstoffe aus der Nahrung in Energie umgewandelt werden
- Zellen aufgebaut, erneuert, repariert oder abgebaut werden
- Abfallstoffe ausgeschieden werden
- Hormone und Enzyme gebildet und reguliert werden
- Körpertemperatur, Blutzucker und andere Werte im Gleichgewicht bleiben (Homöostase)
Der Stoffwechsel läuft rund um die Uhr in jeder einzelnen Zelle und ist damit die Grundlage aller lebenswichtigen Prozesse: von der Atmung über die Verdauung bis hin zur Zellreparatur oder dem Immunsystem.
Stoffwechselprozesse: Katabolismus und Anabolismus
Unser Stoffwechsel besteht aus zwei grundlegenden Richtungen: dem Abbau und dem Aufbau. Mediziner:innen sprechen dabei von Katabolismus (abbauend) und Anabolismus (aufbauend). Beide Prozesse laufen gleichzeitig ab und ergänzen sich.
Katabolismus ist der Abbau der aufgenommenen Makronährstoffe (Kohlenhydrate, Eiweiß und Fette) in ihre einfacheren Bestandteile. Beispielsweise zerlegt Ihr Körper Kohlenhydrate in Glukose, die als Blutzucker ins Blut gelangt. Glukose wird auch als Glykogen gespeichert – vor allem in den Muskeln und der Leber. Diese Makronährstoffe bilden die Grundlage für den „Treibstoff“, den Ihr Körper für alle Zellen nutzt.
Anabolismus ist das Gegenteil von Katabolismus. Dabei setzt Ihr Körper kleinere Einheiten (wie Aminosäuren) zu größeren Strukturen (wie Proteinen) zusammen. Der Anabolismus ist entscheidend bei Verletzungen, wenn sich der Körper erholen muss. Er ist auch wichtig für das Knochenwachstum und den Muskelaufbau.
Wie der Stoffwechsel Nahrung verarbeitet
Was wir essen, bleibt nicht einfach in uns. Der Körper zerlegt Nahrung vollständig: in Zucker, Aminosäuren, Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe. Ein Teil dieser Stoffe liefert direkt Energie, ein anderer wird ausgeschieden. Und ein kleiner Teil wird zu körpereigenen Strukturen aufgebaut – etwa zu Enzymen, Zellmembranen oder Muskelgewebe.
Doch auch diese Bausteine sind nicht dauerhaft stabil. Der Körper erneuert sich laufend: Enzyme verlieren ihre Wirkung, Zellbestandteile altern, DNA wird geschädigt. Damit all das repariert und ersetzt werden kann, braucht der Stoffwechsel ständig Nachschub – in Form von Nährstoffen. Insgesamt bauen die Zellen im Laufe des Lebens hunderte Kilogramm Protein neu auf. All das ist Teil eines unermüdlichen Stoffwechselprozesses, der jeden Tag, jede Stunde und jede Sekunde abläuft.
Energieverbrauch im Stoffwechsel
Damit all diese Prozesse funktionieren, braucht der Körper Energie aus der Nahrung. Wie viel Energie (gemessen in Kilojoule, kJ) der Körper zu einem bestimmten Zeitpunkt verbrennt, hängt vom Stoffwechsel ab. Diese sogenannte Stoffwechselrate setzt sich zusammen aus:
- Grundumsatz (basaler Energieverbrauch): Energie, die der Körper in Ruhe für lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Herzschlag und Temperaturregulation benötigt
- Thermischer Effekt von Nahrung (TEF): Energie, die der Körper für Verdauung, Aufnahme und Verarbeitung von Nährstoffen aufwendet
- Aktivitätsbedingter Energieverbrauch: Energie, die durch Bewegung verbraucht wird – sowohl durch Sport als auch durch Alltagsaktivitäten wie Gehen oder Hausarbeit
Diese drei Faktoren bestimmen zusammen, wie „schnell“ oder „langsam“ der Stoffwechsel arbeitet.
Was beeinflusst den Grundumsatz?
Wie viel Energie der Körper in Ruhe verbrennt, ist individuell verschieden. Der Grundumsatz hängt von verschiedenen Faktoren ab. Vor allem die Körperzusammensetzung spielt eine wichtige Rolle.
Diese Faktoren haben einen Einfluss auf den Grundumsatz:
- Geschlecht
- Körpergröße
- Muskelmasse und Körperfettanteil
- Alter
- hormonelle Veränderungen
- Genetische Veranlagung
- Krankheiten oder Infekte
- Fasten und Crash-Diäten
- Bewegungsmangel
- Temperatur
- Stress
- Medikamente (z. B. Koffein, Nikotin)
- Jodmangel – bremst die Schilddrüsenfunktion
- Schwangerschaft und Stillzeit
„Langsamer” oder „schneller” Stoffwechsel: Was bedeutet das?
Der eine kann essen, was er will, ohne zuzunehmen – der andere nimmt gefühlt schon beim Anblick eines Desserts zu. Oft wird dafür der Stoffwechsel verantwortlich gemacht. Tatsächlich steckt dahinter meist ein Unterschied im Grundumsatz: also der Energiemenge, die der Körper in Ruhe für lebenswichtige Funktionen verbrennt.
Ein „langsamer Stoffwechsel“ bedeutet also nicht, dass der Körper „schlecht“ arbeitet, sondern dass er weniger Kalorien benötigt, um zu funktionieren. Das kann genetisch bedingt sein, aber auch mit Alter, Muskelmasse oder hormonellen Einflüssen zu tun haben. Jemand mit einem „schnellen Stoffwechsel” hat einen höheren Grundumsatz und verbrennt selbst im Ruhestand viele Kalorien.
Wichtig zu wissen: Die Stoffwechselrate allein bestimmt nicht das Körpergewicht. Entscheidend ist, ob Energiezufuhr und Energieverbrauch langfristig im Gleichgewicht sind. Ein aktiver Lebensstil, regelmäßige Bewegung und bewusste Ernährung beeinflussen den Stoffwechsel dabei positiv.
Was kann den Stoffwechsel „verlangsamen”?
Ein niedriger Grundumsatz kann verschiedene Ursachen haben. Manche sind genetisch oder altersbedingt, andere hängen mit dem Lebensstil oder mit Erkrankungen zusammen.
Zu den häufigsten Einflussfaktoren zählen:
- Alter: Mit zunehmendem Alter verändert sich die Körperzusammensetzung: Die Muskelmasse nimmt ab, der Fettanteil steigt. Dadurch sinkt der Energieverbrauch in Ruhe.
- Bewegungsmangel: Körperliche Inaktivität führt langfristig zu einem Abbau von Muskelmasse. Da Muskeln auch im Ruhezustand Energie verbrauchen, sinkt der Grundumsatz bei Bewegungsmangel spürbar.
- Crash-Diäten und längeres Fasten: Sehr kalorienarme Diäten oder anhaltendes Fasten können dazu führen, dass der Körper in den Energiesparmodus schaltet. Der Grundumsatz sinkt, um Energie zu sparen – oft mit dem Effekt, dass nach dem Ende der Diät schneller wieder zugenommen wird.
- Genetische Veranlagung: Manche Menschen haben von Natur aus einen niedrigeren Grundumsatz. Ursache dafür ist nicht automatisch eine Erkrankung, kann aber das Körpergewicht beeinflussen.
- Hormonelles Ungleichgewicht: Insbesondere eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) kann den Stoffwechsel deutlich verlangsamen. Der Körper verbrennt weniger Energie, was sich unter anderem durch Gewichtszunahme, Müdigkeit und Kälteempfindlichkeit bemerkbar machen kann.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente wie Betablocker, Antidepressiva oder Kortisonpräparate können den Energieverbrauch senken oder den Appetit steigern.
- Chronischer Stress: Anhaltender Stress wirkt sich über hormonelle Veränderungen auf den Stoffwechsel aus – etwa durch erhöhtes Cortisol, gestörten Schlaf oder verstärkten Appetit.
Wie beeinflusst der Stoffwechsel das Gewicht?
Viele Menschen vermuten hinter einer Gewichtszunahme oder -abnahme eine „Störung“ des Stoffwechsels. Tatsächlich passt sich der Stoffwechsel in der Regel flexibel an: Wenn Sie über längere Zeit zu wenig essen, reduziert der Körper seinen Energieverbrauch und geht in eine Art Energiesparmodus. Nehmen Sie dauerhaft mehr Kalorien auf, speichert der Körper die überschüssige Energie als Fettreserven. Der Stoffwechsel reagiert also auf die Energiezufuhr – er ist ein Mitspieler, aber selten der alleinige Auslöser für eine Gewichtszunahme oder -abnahme. Andere Faktoren wie Essverhalten, Bewegung, hormonelle Einflüsse oder Medikamente spielen eine größere Rolle.
Kann man den Stoffwechsel „ankurbeln”?
Sie haben bestimmt schon mal von diesen Tipps gehört: „Iss scharf, dann kurbelst du den Stoffwechsel an“ oder „Grüner Tee bringt den Fettstoffwechsel in Schwung“. Doch wie viel Wahrheit steckt dahinter?
Zunächst wichtig: Es gibt keine „Turbo-Strategie“, die den Stoffwechsel dauerhaft beschleunigt. Wie schnell jemand zu- oder abnimmt, hängt vom Verhältnis zwischen Energieaufnahme und -verbrauch ab. Und wie Sie mittlerweile wissen: Den Energieverbrauch bestimmt hauptsächlich der Grundumsatz, auf den man nur wenig Einfluss nehmen kann – und zusätzlich vom Leistungsumsatz. Es gibt keine Methode, mit der Sie Ihren Stoffwechsel dauerhaft beschleunigen können.
Wie wirkt Fasten auf den Stoffwechsel?
Ein anhaltender Hungerzustand bringt den Stoffwechsel in Alarmbereitschaft und der Körper schaltet auf Sparflamme. Dabei sinkt der Energieverbrauch, um lebenswichtige Funktionen wie Herzschlag, Atmung und Gehirnaktivität zu sichern. Diese Anpassung ist eine Schutzreaktion und zeigt, wie flexibel der Stoffwechsel arbeitet. Dennoch macht Fasten den Stoffwechsel nicht grundsätzlich “kaputt”.
Eine besonders beliebte Form ist das Intervallfasten. Es beeinflusst den Stoffwechsel ähnlich wie eine kontinuierliche Kalorienreduktion. Meist kommt es zu einem Gewichtsverlust und einzelne Marker wie Insulinsensitivität oder Fettstoffwechsel verbessern sich, ohne dass es den Grundumsatz dauerhaft senkt. Bislang zeigen Humanstudien jedoch keine klaren Vorteile gegenüber anderen Diätformen und positive Effekte auf den Stoffwechsel sind nicht klar belegt.
So halten Sie Ihren Stoffwechsel gesund:
- Regelmäßig essen: Längere Essenspausen oder unregelmäßige Mahlzeiten können dazu führen, dass der Körper sparsamer mit Energie umgeht. Drei ausgewogene Mahlzeiten pro Tag unterstützen eine stabile Stoffwechselaktivität.
- Nährstoffreiche Lebensmittel wählen: Obst, Gemüse, Eiweiß, Vollkornprodukte und gesunde Fette liefern die Bausteine, die der Körper für seine Stoffwechselprozesse benötigt.
- Bewegung – besonders Krafttraining: Muskelmasse ist stoffwechselaktiv. Wer regelmäßig trainiert, unterstützt damit die natürliche Stoffwechselregulation und die Erhaltung des Grundumsatzes.
- Ausreichend schlafen: Im Schlaf laufen zahlreiche hormonelle und zelluläre Prozesse ab, die für den Stoffwechsel wichtig sind. Anhaltender Schlafmangel kann diese Abläufe beeinträchtigen.
- Genug trinken: Wasser ist an nahezu allen Stoffwechselvorgängen beteiligt. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sorgt dafür, dass diese Prozesse reibungslos ablaufen.
Fazit
Der Stoffwechsel ist die Grundlage für nahezu alle lebenswichtigen Vorgänge im Körper. Wie schnell oder langsam er arbeitet, hängt von vielen Faktoren ab: von der Genetik bis zum Alter. Wer glaubt, seinen Stoffwechsel mit Wundermitteln „ankurbeln“ zu können, wird meist enttäuscht. Viel wichtiger ist es, ihn nicht auszubremsen: durch regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und eine gute Tagesstruktur. So unterstützen Sie Ihren Stoffwechsel langfristig und damit auch Ihre Gesundheit.
Quellen
Deutsches Ärzteblatt
Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel.
Abgerufen am 01.09.2025,
Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung
Was ist Stoffwechsel?
Abgerufen am 01.09.2025,
https://www.sf.mpg.de/2071956/Was-ist-Stoffwechsel_
NCBI / StatPearls (A. Sánchez López de Nava, A. Raja)
Physiology, Metabolism. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2025 Jan–.
Abgerufen am 01.09.2025,
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK546690/
Harvard Health Publishing
The truth about metabolism.
Abgerufen am 01.09.2025,
https://www.health.harvard.edu/staying-healthy/the-truth-about-metabolism
Cleveland Clinic
Metabolism.
Abgerufen am 01.09.2025,
Nephrologin, Nephrologicum Lausitz
Dr. Anh-Thu Hentschel ist Fachärztin im Nephrologicum Lausitz, zuvor war sie im Carl-Thiem-Klinikum Cottbus tätig. Ihre Schwerpunkte sind Peritonealdialyse und Ernährung in der ambulanten Versorgung. Als medizinische Beraterin unterstützt sie Oska dabei, Menschen mit chronischen Erkrankungen individuell zu begleiten.