Erhöhte Leberwerte: Was bedeutet das?
Diabetologin und Nephrologin, NEDD*Grünstadt
Wenn die Leberwerte bei einer Blutuntersuchung über dem Normalbereich liegen, kann das beunruhigend sein. Doch nicht immer steckt eine ernsthafte Erkrankung dahinter, auch harmlose oder vorübergehende Auslöser können Grund dafür sein. In diesem Beitrag geht es darum, welche Leberwerte typischerweise gemessen werden und was erhöhte Werte bedeuten können.
Die wichtigsten Leberwerte
Bei einer Blutuntersuchung werden häufig die Leberwerte bestimmt. Dazu zählen Enzyme und Abbauprodukte, die Hinweise auf die Funktion und Gesundheit der Leber geben können. Die wichtigsten Leberwerte sind Alanin-Aminotransferase (ALT oder GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST oder GOT), Gamma-Glutamyltransferase (GAMMA-GT), Alkalische Phosphatase (AP) sowie Bilirubin.
Leberwert ALT oder GPT (Alanin-Aminotransferase)
Alanin-Aminotransferase (ALT) ist ein Enzym, das eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel spielt. Es hilft dem Körper, Nahrung in Energie umzuwandeln. ALT kommt vor allem in der Leber vor, aber auch in den Muskeln, Nieren und anderen Organen ist das Enyzm aktiv. Im Blut ist normalerweise nur sehr wenig ALT nachweisbar. Wenn Leberzellen geschädigt sind, gelangt jedoch vermehrt ALT ins Blut. Dadurch steigt der ALT-Wert an, was in einer Blutuntersuchung nachgewiesen werden kann.
Gut zu wissen:
Auf vielen Laborzetteln wird ALT auch als GPT (Glutamat-Pyruvat-Transaminase) bezeichnet. Das ist ein älterer Begriff, der medizinisch dasselbe meint wie ALT.
Leberwert AST oder GOT (Aspartat-Aminotransferase)
Auch bei der Aspartat-Aminotransferase (AST) handelt es sich um ein Enzym, das am Energiestoffwechsel beteiligt ist und besonders in der Leber aktiv ist. Anders als ALT ist es aber in mehr Teilen des Körpers zu finden – auch vermehrt in den Nieren, im Gehirn und in der Bauchspeicheldrüse. Wenn Leberzellen geschädigt sind, kann der AST-Wert im Blut ansteigen. Ein erhöhter AST-Wert kann somit auf eine Schädigung der Leberzellen hinweisen.
Gut zu wissen:
AST wird im Befund oft noch als GOT (Glutamat-Oxalacetat-Transaminase) geführt. Das ist die ältere Bezeichnung, meint aber dasselbe Enzym.
Leberwert Gamma-GT (Gamma-Glutamyltransferase)
Gamma-GT hilft dabei, Zellen vor sogenannten „freien Radikalen“ zu schützen. Freie Radikale sind schädliche Stoffwechselprodukte, die im Körper entstehen können. Gamma-GT kommt im gesamten Körper vor, ist jedoch in besonders hoher Konzentration in der Leber zu finden. Ein erhöhter Gamma-GT-Wert im Blut kann daher ebenfalls ein Hinweis auf eine Schädigung der Leberzellen sein. Bei einer Überlastung der Niere gelangen vermehrt Enzyme aus den Leberzellen ins Blut, was sich in einem erhöhten Spiegel zeigt.
Laborwert AP (Alkalische Phosphatase)
Die Alkalische Phosphatase (AP) ist ein Enzym, das an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt ist – etwa beim Knochenaufbau und der Funktion von Leber und Galle. Eine Aktivität von AP lässt sich grundsätzlich in allen Geweben des Körpers nachweisen. Besonders hohe Konzentrationen finden sich jedoch im Dünndarm, in den Knochen, in der Leber, in den Gallenwegen und in den Nieren. Während der Schwangerschaft ist zudem die Plazenta eine wichtige Quelle für AP. Wie AST und Gamma-GT gibt auch ein erhöhter AP-Wert bei einer Blutuntersuchung einen Hinweis darauf, dass die Leberzellen geschädigt sind oder ein Gallenabfluss gestört sein könnte.
Laborwert Bilirubin
Bilirubin ist ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin. Es entsteht, wenn alte rote Blutkörperchen in der Milz abgebaut werden. Die Leber verarbeitet das dabei entstehende sogenannte indirekte (nicht-konjugierte) Bilirubin weiter, macht es wasserlöslich (direktes bzw. konjugiertes Bilirubin) und gibt es über die Galle in den Darm ab.
Wenn die Leber überlastet oder geschädigt ist, kann sie das Bilirubin nicht mehr richtig verarbeiten. Auch ein Gallenstau oder eine gesteigerte Bildung von Bilirubin – etwa bei verstärktem Abbau roter Blutkörperchen – kann zu erhöhten Werten im Blut führen. In solchen Fällen kann sich Bilirubin im Körper anreichern und zu Gelbsucht (Ikterus) führen, also einer Gelbfärbung von Haut und Augen.
Gut zu wissen:
In Laborbefunden wird oft zwischen Gesamtbilirubin, direktem Bilirubin und indirektem Bilirubin unterschieden. Die genaue Verteilung hilft dabei, die Ursache für erhöhte Werte besser einzugrenzen, also ob sie eher in der Leber, vor der Leber (z. B. durch vermehrten Zellabbau) oder nach der Leber (z. B. Gallenstau) liegt.
Was bedeuten erhöhte Leberwerte?
Zunächst einmal gilt: Leberwerte sollten immer im Zusammenhang betrachtet werden. Ein einzelner erhöhter Wert sagt meist wenig aus. Erst wenn mehrere Werte gemeinsam betrachtet werden – und im Zusammenhang mit der individuellen Vorgeschichte – können Ärzt:innen besser einschätzen, ob die Leber tatsächlich geschädigt ist. Erhöhte Leberwerte können ein Anzeichen dafür sein, dass die Leber gereizt, belastet oder geschädigt ist. Ärztinnen und Ärzte überprüfen diese Werte häufig im Rahmen eines allgemeinen Gesundheits-Check-ups oder gezielt, wenn Beschwerden bestehen.
Darüber hinaus werden Leberwerte auch regelmäßig kontrolliert, wenn Menschen an chronischen Erkrankungen leiden, die die Leber direkt betreffen oder zusätzlich belasten können. Dazu zählen zum Beispiel chronische Hepatitis, Fettleber (nicht-alkoholisch oder alkoholbedingt), Autoimmunerkrankungen, chronischer Alkoholkonsum, Diabetes mellitus oder die Einnahme leberschädlicher Medikamente.
Wenn Leberzellen geschädigt sind, gelangen Enzyme wie ALT, AST, Gamma-GT oder Alkalische Phosphatase (AP) in größerer Menge ins Blut. Auch Bilirubin kann ansteigen, wenn der Galleabfluss gestört ist oder der Abbau überlastet ist. Die genaue Konstellation der Werte gibt Ärzt:innen Hinweise auf mögliche Ursachen und den Schweregrad der Störung.
Bei welchen Erkrankungen können die Leberwerte erhöht sein?
Erhöhte Leberwerte sind keine Diagnose, sondern ein Hinweis darauf, dass die Leber belastet oder geschädigt ist. Die Ursachen dafür sind vielfältig und reichen von harmlosen, vorübergehenden Reaktionen bis zu chronischen Erkrankungen.
Häufige Gründe für erhöhte Werte sind:
Lebererkrankungen (direkte Ursachen):
- Fettleber (nicht-alkoholisch oder alkoholbedingt)
- Akute oder chronische Hepatitis (z. B. Hepatitis A, B, C)
- Leberzirrhose
- Autoimmunhepatitis
- Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit)
- Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit)
- Lebertumoren oder Lebermetastasen
Gallenwegs- oder Gallenblasenstörungen:
- Cholestase (Gallenstau)
- Gallensteine
- Entzündungen der Gallenwege (Cholangitis)
- Tumoren im Bereich der Gallenwege oder Bauchspeicheldrüse
Medikamentöse und toxische Einflüsse:
- Regelmäßiger oder übermäßiger Alkoholkonsum
- Konsum bestimmter Drogen (z. B. Kokain, Ecstasy)
- Langfristige Einnahme bestimmter Medikamente, z. B. Paracetamol oder Statine
- Toxische Leberschäden durch Pflanzen, Lösungsmittel oder Pilze (z. B. Knollenblätterpilz)
Chronische Erkrankungen:
- Diabetes mellitus Typ 2
- Adipositas (Übergewicht)
- Metabolisches Syndrom
- Schilddrüsenerkrankungen (v. a. Schilddrüsenunterfunktion)
- Zöliakie (gluteninduzierte Darmerkrankung)
- Infektionen (z. B. Pfeiffer’sches Drüsenfieber, COVID-19)
Herz-Kreislauf- und Durchblutungsstörungen:
- Rechtsherzinsuffizienz („Stauungsleber“)
- Schock oder Blutdruckabfall mit Leberminderperfusion
Sind erhöhte Leberwerte automatisch eine Lebererkrankung?
Nein, erhöhte Leberwerte bedeuten nicht zwangsläufig, dass eine Lebererkrankung vorliegt. Auch harmlose oder vorübergehende Auslöser wie intensive körperliche Belastung, schneller Gewichtsverlust, Operationen, Impfungen oder eine einfache Virusinfektion können die Leberwerte kurzfristig ansteigen lassen, ohne dass die Leber selbst erkrankt ist.
Darüber hinaus treten Lebererkrankungen häufig nicht als eigenständige Erkrankung, sondern als Begleiterscheinung chronischer Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, Adipositas, Autoimmunerkrankungen oder unter längerfristiger Einnahme bestimmter Medikamente auf. Auch wenn die Leber dabei nicht im Fokus steht, kann sie im Verlauf dauerhaft belastet oder geschädigt werden.
Welche Symptome haben erhöhte Leberwerte?
Erhöhte Leberwerte selbst verursachen meist keine direkten Beschwerden. Viele Menschen merken lange Zeit gar nicht, dass mit ihrer Leber etwas nicht stimmt und der auffällige Laborbefund wird eher zufällig im Rahmen eines Check-ups entdeckt. Dennoch können bestimmte Symptome auf eine Funktionsstörung der Leber hinweisen:
Mögliche Symptome bei Leberschäden:
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- Druck- oder Völlegefühl im rechten Oberbauch
- Appetitlosigkeit, Übelkeit oder Blähungen
- Juckreiz (v. a. bei Gallenstau)
- Dunkler Urin und heller Stuhl
- Gelbfärbung von Haut oder Augen (Ikterus)
Solche Symptome treten meist erst bei einer ausgeprägteren oder fortschreitenden Lebererkrankung auf.
Diabetologin und Nephrologin, NEDD*Grünstadt
Daniela Rose ist Fachärztin für Innere Medizin, Nephrologie, Endokrinologie und Diabetologie und seit 8 Jahren bei NEDD*Grünstadt tätig. Sie hat mehr als 20 Jahre klinische Erfahrung, unter anderem früher als Oberärztin bei der Universitätsmedizin Mannheim.