Zurück zu: Gesundheitmagazin

Harnstoffwert erhöht: Was bedeutet das?

Harnstoff ist ein wichtiger Laborwert bei Nierenerkrankungen. Was ist Harnstoff eigentlich und warum steigt der Wert an? Bei einer Blutuntersuchung wurde ein erhöhter Harnstoffwert festgestellt? Das kann verunsichern, bedeutet aber nicht automatisch, dass etwas Schlimmes dahintersteckt. Der Harnstoffwert ist ein wichtiger Laborwert, der Hinweise auf die Nierenfunktion geben kann. Hier erfahren Sie, was Harnstoff überhaupt ist, warum der Wert ansteigt und was Sie selbst tun können, wenn er erhöht ist.
Photo of Dr. med. Daniela Rose
Dr. med. Daniela Rose

Diabetologie, Nephrologie

Bei einer Blutuntersuchung wurde ein erhöhter Harnstoffwert festgestellt? Das kann verunsichern, bedeutet aber nicht automatisch, dass etwas Schlimmes dahintersteckt. Der Harnstoffwert ist ein wichtiger Laborwert, der Hinweise auf die Nierenfunktion geben kann. Hier erfahren Sie, was Harnstoff überhaupt ist, warum der Wert ansteigt und was Sie selbst tun können, wenn er erhöht ist.

Was ist Harnstoff?

Harnstoff, auch Urea genannt, entsteht, wenn der Körper Eiweiße (Proteine) abbaut. Über die Nahrung nehmen Menschen Eiweiße auf. Im Körper werden diese durch Verdauungsenzyme in ihre Einzelteile, die Aminosäuren, zerlegt. Wenn Aminosäuren weiter verstoffwechselt werden, entsteht Ammoniak, das für den Körper giftig ist. Deshalb wird es in der Leber direkt in Harnstoff umgewandelt.

Harnstoff ist ungefährlich und wasserlöslich. Er gelangt über das Blut zu den Nieren, wird dort gefiltert und schließlich beim Wasserlassen über den Urin ausgeschieden.


Wichtig: Harnstoff und Harnsäure sind nicht dasselbe. Harnstoff entsteht beim Abbau von Eiweiß (Proteinen), Harnsäure beim Abbau von Purinen. Purine kommen vor allem in tierischen, eiweißreichen Lebensmitteln vor. Bei einer Blutuntersuchung sind das deshalb auch zwei verschiedene Werte. Beide gehören zu den harnpflichtigen Substanzen, die der Körper über die Nieren ausscheidet.

Warum wird der Harnstoff bestimmt?

Der Harnstoffwert wird in den meisten Fällen bei Verdacht auf eine Nierenerkrankung oder zur Kontrolle bekannter Nierenschäden bestimmt. Dazu zählen sowohl akute als auch chronische Erkrankungen. Auch bei bekannten Risikofaktoren für eine Nierenerkrankung wie Diabetes, Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz (Herzschwäche) wird er regelmäßig überprüft.


Die Konzentration von Harnstoff im Blut gibt Aufschluss darüber, wie gut die Nieren funktionieren. Wenn die Nieren das Blut nicht ausreichend filtern und den Harnstoff nicht vollständig ausscheiden, steigt der Harnstoffwert im Blut. 


Für die Früherkennung einer Nierenerkrankung ist der Harnstoffwert aber nicht besonders aussagekräftig. Er steigt erst deutlich an, wenn die Nierenfunktion bereits stark eingeschränkt ist. Deshalb wird Harnstoff in der Regel gemeinsam mit anderen Nierenwerten wie der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) und Kreatinin beurteilt.

Wie wird der Harnstoff bestimmt?

Der Harnstoffwert wird in der Regel im Blut gemessen. Dazu wird eine kleine Blutprobe entnommen, aus der das Labor die Konzentration von Harnstoff bestimmt. 


Zusätzlich zur Messung im Blut kann Harnstoff auch über eine 24-Stunden-Sammelurinprobe bestimmt werden. Dabei wird die gesamte Urinmenge eines Tages gesammelt und analysiert. 

Referenzwerte für Harnstoff: Was sind normale Werte?

Referenzwert für die Tagesausscheidung des Sammelurins: 330–580 mmol/24 h.


Zu beachten ist, dass sich die Referenzwerte von Labor zu Labor unterscheiden können. Außerdem kann der Harnstoffwert leicht schwanken. Zum Beispiel nimmt die aufgenommene Eiweißmenge Einfluss darauf. Besonders bei Menschen mit chronischer Nierenerkrankung kann der Wert variieren, ohne dass sich die Nierenfunktion selbst verändert. Deshalb ist es wichtig, den Verlauf über längere Zeit zu beobachten und weitere Nierenwerte heranzuziehen.

Harnstoff zu hoch: Ursachen

Ein hoher Harnstoffwert weist oft auf eine Störung der Nierenfunktion hin. In manchen Fällen liegt die Ursache aber auch außerhalb der Nieren.


Mögliche Gründe für hohe Harnstoffwerte sind:

  • Akutes Nierenversagen
  • Fortgeschrittenes, chronische Nierenerkrankung (Nierenfunktion < ca. 30 %)
  • Verminderte Durchblutung der Nieren (z. B. bei Herzschwäche oder starkem Blutdruckabfall)
  • Starke Dehydration
  • Sehr eiweißreiche Ernährung
  • Erhöhter Eiweißabbau (z.B. bei Fieber, Infektionen oder nach Operationen)
  • Bestimmte Medikamente (z. B. Diuretika oder Kortisonpräparate)

Harnstoff zu niedrig: Ursachen

Ein zu niedriger Harnstoffwert ist deutlich seltener als ein erhöhter Wert. Meist liegt die Ursache nicht bei den Nieren selbst, sondern in einer veränderten Bildung von Harnstoff in der Leber oder in einer verminderten Eiweißzufuhr.


Mögliche Gründe für niedrige Harnstoffwerte sind:

  • Fortgeschrittene Lebererkrankung (z. B. Leberzirrhose, Leberversagen)
  • Eiweißarme Ernährung
  • Überwässerung (Hyperhydratation)
  • Schwangerschaft
  • Angeborene Störungen des Harnstoffzyklus

Was macht einen dauerhaft hohen Harnstoffwert gefährlich?

Ein dauerhaft erhöhter Harnstoffwert zeigt, dass sich Abfallstoffe im Blut ansammeln, weil die Nieren sie nicht mehr ausreichend ausscheiden können. Dadurch sammeln sich Harnstoff und weitere harnpflichtige Substanzen, also Abfallstoffe wie Kreatinin und Harnsäure, im Blut an. Man spricht hierbei von einer Urämie. 


Zu Beginn zeigen sich oft unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Appetitlosigkeit oder Schlafstörungen. Im weiteren Verlauf können Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und ein unangenehm ammoniakartiger Atemgeruch auftreten. Manche Betroffene leiden auch unter Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen oder Kurzatmigkeit. In schweren Fällen kann eine Urämie zu Bewusstseinsstörungen, Krämpfen, inneren Blutungen (z. B. an der Netzhaut oder Schleimhäuten) oder sogar zu einem Koma führen. Dann handelt es sich um einen medizinischen Notfall, der eine sofortige Dialysebehandlung erfordert.


Was tun bei erhöhten Harnstoffwert?

Als Erstes ist es wichtig, die Ursache für den erhöhten Harnstoffwert zu kennen. Das sollte unbedingt ärztlich abgeklärt werden. Liegt eine Nierenerkrankung vor, richtet sich die Behandlung darauf, die Nierenfunktion zu unterstützen und den Harnstoff im Blut zu senken.


Auch der Lebensstil kann eine Rolle spielen. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr unterstützt die Nieren dabei, Abfallstoffe auszuscheiden. Menschen mit Herz- oder Nierenschwäche sollten die empfohlene Trinkmenge jedoch immer mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt absprechen.


Zudem kann auf die Eiweißzufuhr geachtet werden. Sofern keine ärztlichen Vorgaben bestehen, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) etwa 0,8 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Sehr eiweißreiche Diäten oder ein übermäßiger Fleischkonsum sollten vermieden werden.


Zusammenfassung

Beim Abbau von Eiweißen im menschlichen Körper entsteht Harnstoff. Dieser wird über die Nieren ausgeschieden. Ein erhöhter Harnstoffwert im Blut kann auf eine Nierenerkrankung hinweisen. Bei einer bestehenden Nierenerkrankung, ob akut oder chronisch, wird der Harnstoffwert regelmäßig kontrolliert.

Der Harnstoffwert allein ist nicht besonders aussagekräftig. Durch die Ernährung oder den Flüssigkeitshaushalt kann er schwanken und wird daher immer zusammen mit anderen Nierenwerten wie Kreatinin und eGFR beurteilt. Es ist wichtig, die Ursache des erhöhten Werts zu erkennen und diese zu behandeln. Bei Unsicherheiten wenden Sie sich am besten an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt.


Quellen

Thieme via medici

Harnstoffzyklus: Der Weg des Stickstoffs.

Abgerufen am 27.10.2025,

https://viamedici.thieme.de/lernmodul/548835/539488/harnstoffzyklus+der+weg+des+stickstoffs


National Kidney Foundation

Understanding your lab values and other CKD health numbers.

Abgerufen am 27.10.2025,

https://www.kidney.org/kidney-topics/understanding-your-lab-values-and-other-ckd-health-numbers


Cleveland Clinic

Blood Urea Nitrogen (BUN) Test.

Abgerufen am 27.10.2025,

https://my.clevelandclinic.org/health/diagnostics/17684-blood-urea-nitrogen-bun-test


Universitätsklinikum Ulm, Zentrale Einrichtung Klinische Chemie

Leistungsverzeichnis Harnstoff FB-PÄ 6 HST OE-MB.

Abgerufen am 28.10.2025,

https://www.uniklinik-ulm.de/fileadmin/default/09_Sonstige/Klinische-Chemie/Seiteninhalte/Seiteninhalte_H/Harnstoff_FB-PAE_6_HST_OE-MB.pdf

Photo of Dr. med. Daniela Rose
Dr. med. Daniela Rose

Diabetologie, Nephrologie

Dr. med Daniela Rose ist Fachärztin für Innere Medizin, Nephrologie, Endokrinologie und Diabetologie. Sie hat mehr als 20 Jahre klinische Erfahrung, unter anderem in langjähriger Tätigkeit in der V. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim, zuletzt als Oberärztin. Zur Zeit arbeitet sie im Team bei NEDD*Grünstadt, einer nephrologischen Praxis und diabetologischen Schwerpunktpraxis.